In der Fastenzeit soll es um MEHR gehen? Nicht etwa um WENIGER, um Verzicht auf dieses oder jenes? „Ich tue doch schon so viel für die Schule – und jetzt noch MEHR?“, höre ich nicht wenige Schüler und Lehrer bereits stöhnen. Ist der Druck nicht schon groß genug?
In der Tat: Das Motto der diesjährigen Fastenzeit kann auf den ersten Blick missverstanden werden, nämlich als Aufforderung sich noch MEHR ins Zeug zu legen, noch MEHR abzuliefern – sei es an schulischen Leistungen oder an frommen Übungen vor Ostern.
Doch darum soll es genau NICHT gehen. Im Gegenteil: In der Fastenzeit wollen wir uns nicht zusätzlich stressen und überfordern, sondern in ruhigen Momenten überlegen, was in unserem Leben wirklich zählt, was wichtig und WESENTLICH für uns ist und worauf wir getrost verzichten können.
Nicht WESENTLICH MEHR, sondern MEHR WESENTLICHES.
Sich für DAS WESENTLICHE im eigenen Leben öffnen, es suchen, ihm nachgehen und ihm auf der Spur bleiben – das ist der WEG, zu dem Schüler wie Lehrer in der Fastenzeit eingeladen sind.
Als Orientierung mag uns der WEG des IGNATIUS von Loyola, Gründers des Jesuitenordens, dienen.
Sein Wort vom „MEHR“, lateinisch „MAGIS“, hat im Wortschatz der Jesuiten beinahe eine „magische“ Bedeutung. Es steht für das MEHR-Werden, das Wachstum eines Menschen, der nicht selbstzufrieden stehen bleibt, sondern einer tiefen Sehnsucht folgt, sich auf den WEG macht, auf dem er immer wieder neu wählen muss.
Dem WEG des IGNATIUS wollen wir in der Fastenzeit nachspüren – nicht um an seinem leuchtenden Beispiel in Ehrfurcht zu erstarren, sondern um in einem Gespräch auf Augenhöhe unser eigenes Leben genauer zu betrachten. Gott sei Dank ist wohl noch niemand von uns – anders als IGNATIUS – von einer Kanonenkugel getroffen worden, aber vielleicht gibt es auch bei uns markante Ereignisse, die uns zunächst aus der Bahn werfen und uns dann neu in Bewegung setzen.
Alles klar bis hierhin, nur: Der Mann auf unseren Plakaten und dem diesjährigen Heft zur Fastenzeit – das soll Ignatius sein? Richtig bemerkt: Ist er nicht! DIESEN „IGNATIUS“ findet man normalerweise in der Hamburger Kunsthalle – auf dem dort ausgestellten Bild eines berühmten Malers der Romantik. Es schien uns passend, folgt der namenlose Wanderer über dem Nebelmeer doch auch einer tiefen Sehnsucht nach dem MEHR. Es ist letztlich der wandernde IGNATIUS in uns allen, dem wir in der Fastenzeit begegnen wollen.
J. Brinkmann | Beauftragter für die Schulpastoral an der Sankt-Ansgar-Schule